Die Einwanderung Deutscher nach Chile
Carl Anwandter
1801-1889
“Wir werden ehrliche und fleißige Chilenen sein wie der, der es am meisten ist, wir werden uns unseren neuen Landsleuten anschliessen, und unsere Wahlheimat gegen irgendeine ausländische Unterdrückung verteidigen, mit der Entschlossenheit und Festigkeit eines Mannes, der sein Land, seine Familie und seine Interessen verteidigt.
Das Land, das uns als Söhne adoptiert, wird niemals einen Grund haben, sein aufgeklärtes, menschliches und großzügiges Verhalten zu bereuen…”
Carl Anwandter, deutscher Einwanderer, 18. November 1851
Carl Anwandter wurde am 1. April 1801 in Luckenwalde, Preußen, geboren.
Er stammte aus einer wohlhabenden Familie und war in seinem Heimatland als Apotheker, Kaufmann und Politiker tätig.
Er ließ sich in der Stadt Calau nieder und bekleidete wichtige Ämter in der Stadtverwaltung und als deren Vertreter im preußischen Landtag und in der Nationalversammlung.
Sein liberaler und demokratischer Geist veranlasste ihn jedoch nach dem Scheitern der Revolution von 1848, von der Regierungspolitik und auch von der Orthodoxie der evangelischen Kirche, der offiziellen Staatsdoktrin, abzuweichen.
Er beschloss, sich mit seiner Frau und seinen Kindern auf das Abenteuer der Kolonisierung des chilenischen Südens einzulassen und wurde zum geistigen, politischen und wirtschaftlichen Leader der deutschen Einwanderer, die sich in der Stadt Valdivia niederließen.
Der Ursprung der sehr zahlreichen Einwanderung von Deutschen in das Land, geht auf das sogenannte „Selektive chilenische Einwanderungsgesetz“ von Jahr 1845 zurück, das darauf abzielte, Fachkräfte und Handwerker zur Besiedlung von Gebieten im Süden Chiles, zwischen den heutigen Regionen Los Ríos und Los Lagos, zu gewinnen, in einem Prozess der als Kolonisierung von Llanquihue bekannt ist.
Die Aufgabe wurde dem Politiker und Diplomaten Vicente Pérez Rosales, im Auftrag des damaligen Präsidenten der Republik, Manuel Bulnes Prieto, anvertraut.
Hafen von Corral
Deutsche Schule Totoral
Einer der Hauptgründe für die Einwanderung von Ausländern in den Süden des Landes war, nach der Unabhängigkeitserklärung, der Wunsch der chilenischen Regierung das, von Chilenen bewohnte Gebiet zu erweitern, und so die chilenische Staatshoheit gegen jeden Versuch einer externen Besetzung zu schützen.
Die deutsche Einwanderungswelle nach Chile erfolgte hauptsächlich im 19. Jahrhundert, durch deutsche und österreichisch-ungarische Einwohner, die sich als Kolonisten in unserem Land niederließen.
Dank des 1845 erlassenen chilenischen Gesetzes über den Prozess einer selektiven Einwanderung, siedelten sich über 6.000 deutschsprachige Familien in Chile an; die aus dem Deutschen Bund kommenden Familien siedelten sich vorzugsweise in den Gebieten von Valdivia und Osorno an, während die Österreich-Ungarischen Familien sich in der Gegend um Llanquihue im Süden des Landes niederließen.
Die erste Kolonistengruppe, von Rudolf Philippi, seinem Bruder Bernhard Philippi und deren Familien, kam am 25. August 1846 an Bord des Segelschiffes „Catalina“ im Hafen von Corral an. Nach diesem historischen Geschehen, kamen danach, mehr als 10 weitere Schiffe mit deutschsprachigen Einwandererfamilien in Corral an.
Schüler Deutsche Schule Valparaiso 1894
Deutsche Schule La Union 1940
In Chile angekommen, gelang es den deutschen Einwanderern, mit sehr viel schwerer Arbeit, großem Konstruktionsgeist und viel Engagement für ihre neue Wahlheimat, eine Reihe von wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Betrieben und Aktivitäten zu entwickeln, die das Panorama der südlichen Gebiete um Llanquihue, Osorno und Valdivia für immer veränderten und bis heutzutage prägen.
Die Ansiedlung zahlreicher Deutscher, Österreicher und Schweizer im 19. Jahrhundert in Chile wird zumeist als „deutsche“ Kolonie oder Kolonien zusammengefasst.
Dies ist historisch durchaus sinnvoll, da zumindest bis zum 20. Jahrhundert alle Deutschsprachigen als zur deutschen Nation zugehörig angesehen wurden.
Zwar wanderten zahlenmäßig sehr viel mehr Deutsche nach Argentinien oder Brasilien aus, dennoch sind kultureller Einfluss und Nachhaltigkeit der Deutschen in Chile sehr viel größer.
Im Jahr 2011 schätzte die Deutsch-Chilenische Industrie und Handelskammer, dass von einer Gesamtbevölkerung von 17 Millionen Menschen rund 500.000 deutschstämmig waren.
Diese Anzahl entpricht ungefähr 3% der chilenischen Bevölkerung, welche aus den verschiedenen einwanderungswellen abstammen (ab 1848, 1883, 1933 und nach 1945) und von denen jedoch nur noch zwischen 20.000 und 40.000 deutsch als Muttersprache sprechen.
Fotos und Video: EHW Bibliothek und Archiv – DCB